Betonfertigteil - Fassaden mit Potenzial
nachhaltiger, klimafreundlicher, ressourceneffizienter
Vorteile wie die hohe thermische Speichermasse, Umsetzung maximaler brand- und schallschutztechnischer Vorgaben, hochwertige Qualität kombiniert mit einer seriellen, witterungsunabhängigen und wirtschaftlichen Bauweise sind Argumente, die auch zukünftig wesentliche Pluspunkte der Bauweise sein werden.
Potenzial 1: Bei der Planung fängt es an
Bevor die ersten Teile in einem Fertigteilwerk produziert werden, ergibt sich hinsichtlich der CO2-Einsparung bereits ein erhebliches Potenzial. Bei Vorhangfassaden kann dieses z. B. bis ca. 65 % gegenüber der bislang etablierten großformatigen, vorgehängten Betonfertigteilfassade aus Stahlbeton mit CEM I-Zement betragen.
Die gesellschaftliche Akzeptanz des Bauens wird zukünftig immer mehr an den Auswirkungen und an dem Erhalt unserer Umwelt beurteilt werden. Themen wie die Reduktion von CO2 und eine möglichst nachhaltige und ressourcenschonende Ausrichtung der Bauweise spielen dabei eine entscheidende Rolle. Über Jahrzehnte gewachsene und etablierte Bauweisen müssen sich den Anforderungen unserer Zeit anpassen und leisten so einen Beitrag zum weltweiten klimatischen Schutz unserer Erde. Auch die Betonfertigteilbauweise hat sich dieser neuen Herausforderungen angenommen und entwickelt kontinuierlich Methoden und Lösungsansätze. Damit bleibt diese Bauweise auch für zuküftige Bauaufgaben attraktiv, ohne die bekannten Vorteile des Bauens mit Betonfertigteilen einschränken zu müssen.
Wesentliche Ansatzpunkte sind hierbei:
- Fertigteilgerechte Entwurfs- und Werkplanung
- Optimierung der Bauteildicken (mittelgroße oder kleine Platten können deutlich dünner ausgeführt werden als großformatige Platten)
- Auswahl und Optimierung der Bewehrung (einlagig bewehrte oder unbewehrte Platten, Bewehrung aus Glasfaser oder Carbon)
- Optimierung der Betonrezeptur durch die Wahl CO2-reduzierter Zemente und die nutzungsbezogene Anpassung der Betonfestigkeitsklasse (CEM II- statt CEM I-Zement spart bis zu 20 % CO2
- Wahl der Wärmedämmung
- Differenzierte Betrachtung der Lastansätze
Für alle Planungsbeteiligten wird es im Vorfeld einer Baumaßnahme, die in Betonfertigteilbauweise errichtet werden soll, immer wichtiger, Informationen zu bündeln und Partner zu finden, die auf eine fundierte Erfahrung im Betonfertigteilbau bzw. im Bereich der Architekturbetonfassaden zurückgreifen können. Dies ermöglicht von Anfang an den verantwortungsvollen Umgang mit der Thematik CO2 -Reduzierung.
Folgende Punkte haben dabei großen Einfluss auf die Einsparung von Ressourcen:
- Optimierung des Bewehrungsgehaltes
- Differenzierte Betrachtung der Bauteilabmessungen und Lastannahmen
- Eine optimierte Gewichtung der Betonmenge gegenüber der Betonrezeptur
Letztendlich trägt dies nicht nur zur Nachhaltigkeit bei, sondern kann auch merklich die Wirtschaftlichkeit steigern. Ein erster Kontakt zu Fertigteilfirmen und eine Beratung hinsichtlich der Möglichkeiten sollten deshalb bereits frühzeitig im Planungsprozess angestrebt werden. So können im Zuge des kompletten Bauverlaufs fertigteilgerechte und optimierte Bauabläufe gewährleistet werden.
In diesen Planungsprozess sollten bei einer nachhaltigen und CO2 -optimierten Planung unter anderem folgende Punkte diskutiert und ggf. Lösungsansätze mit integriert werden:
- Integration zusätzlicher Funktionen in der Fassade, z. B. Ausbildung der Architekturbetonfassade als lastabtragende Außenwand
- Optimierter Transport, durch angepasste Bauteilgrößen (Vermeidung von Leerfahrten)
- Sinnvolle Wiederverwertung der Bauteile bzw. Möglichkeiten für einen weiteren Lebenszyklus der Fassade
- Einsatz von regionalen Gesteinskörnungen und Zementen, um lange Transportwege zu vermeiden
Potenzial 2: Nachhaltigkeit im Herstellungsprozess der Fassaden
Die Produktion von Betonfertigteilen in modernen Fertigteilwerken wurde in den letzten Jahren so optimiert, dass fast alle eingesetzten Ressourcen vollständig verwendet werden können. Somit wird im Herstellungsprozess bereits großer Wert auf eine nachhaltige Produktion und Ausrichtung gelegt:
- Anfallendes Restwasser wird beispielsweise wiederaufbereitet und wiederverwendet
- Aus verbleibenden Restmengen an Beton werden einfache Systembauteile gefertigt, wie etwa „Beton-Bausteine“
- Mattenschweißanlagen minimieren den Verschnitt im Bereich der Bewehrung und setzen die wertvolle Ressource gezielt ein.
Im Unterschied zu anderen Bauweisen fallen im Zuge der Aufbereitung des Rohstoffes bis hin zum verarbeitbaren Baumaterial keine organischen Abfälle an, die entsorgt werden müssen und ggf. zu einer Belastung der Umwelt durch klimaschädliche Gase bei der Verrottung führen.
Gradientenbetone helfen, wertvolle Rohstoffe zu sparen und optimieren den Einsatz von Gesteinskörnung. Unter einem Gradientenbeton versteht man das Einbringen von zwei unterschiedlichen Betonrezepturen innerhalb eines Bauteils. Am Beispiel einer Fassade bedeutet das, dass zunächst eine hochwertige Betonrezeptur in die Schalung eingebracht wird, die die gewünschte Optik der Fassade nach dem Ausschalen sicherstellt. Diese ca. 3 bis 4 cm dicke erste Betonschicht wird noch im nassen Zustand durch einen zweiten Beton ergänzt, der die statisch tragende Funktion des Bauteils und die notwendige Betondeckung sicherstellt. Durch diese Art der Betonage im Fertigteilwerk kann ein ressourcenschonender Einsatz von Rohstoffen sichergestellt und – je nach verwendeter Gesteinskörnung – auch noch eine wirtschaftliche Optimierung erreicht werden.
Das schon seit einiger Zeit im Bereich der Architekturbetonfassade eingesetzte Titandioxid gilt nachweislich als Zusatzstoff, der als Katalysator wirkt und Stickoxide aus der Lu abbaut und somit zur Nachhaltigkeit beiträgt. Zusätzlich kann die Verschmutzung der Architekturbetonfassade verringert werden, was eine positive nachhaltige Auswirkung auf die Reinigung der Fassadenbauteile hat.
Auch im Bereich der nach wie vor sehr wirtschaftlichen Bauweise mit Betonsandwichelementen ergeben sich neue und zukunftsträchtige Möglichkeiten. Den Nachteil eines Verbundbauteils können neue moderne, rein mineralische Dämmstoffe entkräften, die bei einem Rückbau zusammen mit dem Beton gebrochen werden können. Das so entstandene Gemisch aus Beton und Dämmung gilt als rein mineralischer Baustoff, der wieder als Zuschlagstoff oder Baustoff verwendet werden kann. Einige Bauvorhaben wurden bereits umgesetzt und so zielführende Erfahrungen im Bereich der mineralischen Dämmungen gemacht.
Nachhaltige und CO2-reduzierte Betone für Fassaden werden bereits erfolgreich eingesetzt und kontinuierlich weiterentwickelt.
Potenzial 3: Architekturbetonfassaden in der Gebäudenutzung
Schon seit einiger Zeit gelten Architekturbetonfassaden als eine sehr robuste Fassadenbekleidung. Widerstandsfähig gegen Umwelteinflüsse halten Architekturbetonfassaden über Jahrzehnte Wind und Wetter stand. Nicht selten ist es der Fall, dass Gebäude 50 Jahre und mehr ohne großen wirtschaftlichen Aufwand an der Fassade genutzt werden können. Voraussetzung für diese lange Lebensdauer ist natürlich, wie bei vielen anderen Fassadensystemen auch, eine regelmäßige Wartung und Pflege. Im Falle einer turnusmäßigen Reinigung sprechen die verhältnismäßig geringe Menge an Reinigungsmittel und der sparsame Einsatz der Ressource Wasser für eine nachhaltige und wirtschaftliche Nutzung der Fassade. Diese lange Lebensdauer in Verbindung mit einem geringen Wartungsaufwand im Vergleich zu anderen Bauweisen zeichnet die Betonfertigteilbauweise gerade im Bereich der Fassadentechnologie aus.
Zudem helfen bei der Nutzung eines Gebäudes eine hohe Speichermasse und die damit verbundene zeitversetzte Abgabe und Aufnahme von Wärme, den energetischen Verbrauch des Gebäudes zu reduzieren und somit die CO2-Bilanz in der Nutzungsphase zu verbessern. Die herausragenden Brandschutzeigenschaften (nicht brennbar A1), hohe Schallschutzdämmwerte der Bauweise und ein möglichst einfacher monolithischer Aufbau mit wenigen Schichten ermöglichen eine flexible Nutzung des Gebäudes und werden wechselnden Nutzungsansprüchen gerecht. In Summe kann somit über die gesamte Lebensdauer die Betonfertigteilbauweise und insbesondere die Architekturbetonfassade wesentlich dazu beitragen, die Nachhaltigkeit des Gebäudes deutlich zu verbessern.
Potenzial 4: Der Baustoff Beton im Recyclingprozess
Der Baustoff Beton an sich ist ein mineralischer Baustoff, der aus nur wenigen Ausgangsstoffen besteht. Sand, Wasser und Zement bilden seine Hauptbestandteile. Bei der Demontage von Betonfassaden lässt sich eine sortenreine Trennung der Materialien sehr effizient umsetzen und der gebrochene Beton im R-Beton weiter in den Baustoff kreislauf integrieren. Gerade die Betonfertigteilfassaden bieten hier ein breites Spektrum an Möglichkeiten. Vorgehängte Fassadensysteme lassen sich sehr gut wieder demontieren. Beim Trennen und Brechen des Materials wird aufgrund der feinen Anteile und der damit verbundenen großen Oberfläche nachweislich CO2 aus der Umwelt aufgenommen.
Nicht nur Beton kann als gebrochenes Recyclingmaterial sortenrein wiederverwendet werden, sondern auch aufbereitete Gesteinskörnungen aus artfremden Bestandsabbrüchen, wie z. B. Ziegel, kommen bei Fassaden zum Einsatz. Derzeit ist es nach der DAfStb-Richtlinie (2019) möglich, bis zu einem Viertel der herkömmlichen Gesteins körnung in Fassaden zu ersetzten, bei einer Begrenzung der Betonfestigkeit auf maximal C30/37. Die R-Betone werden zukünftig, abhängig von der regionalen Verfügbarkeit des Abbruchmaterials, dazu beitragen, dass die Betonfertigteilbauweise wesentlich in den Materialkreislauf der Baustoffe und somit in den Recyclingprozess von Bestandsgebäuden eingebunden wird.
Und natürlich geht es noch weiter…
Die Forschung und Entwicklung gerade vonseiten der Baustoffindustrie und der Fassadenhersteller schreitet stetig voran. Themen wie Holzbeton, bei dem Gesteinskörnungen durch Holz ersetzt werden, oder Beton-Holz-Verbundbaustoffe sind genauso zukunftsträchtig wie der Ausbau der Recyclingwirtscha, was die Verfügbarkeit von sekundären Baustoffen verbessern wird. Einen zusätzlichen Aufschwung in diesem Bereich wird auch die Etablierung von Zertifikaten liefern, die ggf. auch Grundlage für staatliche Förderungen sein werden. Einige Gebäude mit Architekturbetonfassaden wurden bereits zertifiziert und mit den höchsten DGNB-Zertifikaten ausgezeichnet.